Referenten und Organisatoren: (v.li.) Prof. Dr. Christian Rembe (TU Clausthal), Prof. Dr. Annekathrin Schacht (Universität Göttingen), Claudia Trepte (Measurement Valley), Caroline Heck (SNIC / Universität Göttingen), Detlef Urban (Sartorius Lab Instruments GmbH & Co. KG), Steffen Zenker (Universität Göttingen) und Jasmin Düwell (SNIC / Universität Göttingen). Foto: Peter Heller

Göttingen. Messtechnik ist die Stärke der Region Göttingen – und das schon seit mehr als 150 Jahren. Beim PraxisForum „Messtechnik“ erhielten rund 40 Teilnehmer am 29. November im Tagungshaus „Alte Mensa“ der Universität Göttingen einen Einblick in die Bandbreite dieser Technologie – von der Erfassung von Gesichtsausdrücken bis zur Überwachung von Abgaszusammensetzungen.

Veranstaltet wurde das PraxisForum vom SüdniedersachsenInnovationsCampus (SNIC) in Kooperation mit Measurement Valley.

Ein Hingucker der besonderen Art war der Mimikscanner, den die Besucher in Aktion bewundern konnten. „Das Erkennen von mimischen Ausdrücken ist ausschlaggebend dafür, dass wir soziale Beziehungen führen können“, sagte Prof. Dr. Annekathrin Schacht vom Institut für Psychologie der Universität Göttingen. Seit Darwin werde die Mimik der Menschen untersucht – erst durch Beobachtung, später mit Videoaufnahmen und heute mittels Sensortechnik. Die Sensoren werden dabei im Gesicht angebracht und messen die Aktivität der Gesichtsmuskeln. Aus diesen Daten sollen realistische 3D-Avatare für die klinische Anwendung erzeugt werden. Dies könnte ein innovativer Therapieansatz für Menschen sein, die Emotionen nicht gut ausdrücken oder erkennen können, zum Beispiel bei Autismus. Bisher hat das Team um Schacht die Daten von jeweils 6.000 fröhlichen, ärgerlichen und neutralen Gesichtsausdrücken – den drei Basis-Ausdrücken – erfasst.

Industrie 4.0 für KMU

„Unser tägliches Leben ist davon bestimmt, dass Sensoren unsere Aktivitäten messen“, betonte Prof. Dr. Christian Rembe vom Institut für elektrische Informationstechnik der TU Clausthal. So sind Smartphones und Autos beispielsweise voller Sensoren, die unentwegt Daten sammeln. Doch die Erforschung und Herstellung dieser Sensoren sei aufwändig und teuer. „Wir wollen mit unserer Forschung im Bereich Lasersensorik insbesondere mittelständige Unternehmen unterstützen, die Industrie 4.0 umzusetzen“, sagte Rembe. Ein gelungenes Praxisbeispiel sind die Sensoren für intelligenten Brandschutz, den Rembe und sein Team in Kooperation mit der Stöbich Brandschutz GmbH aus Goslar entwickelt haben. Sie werden an Brandschutztüren befestigt und teilen per W-Lan mit, ob die Tür noch brandschutzsicher ist.

Wie intelligente Uhren dazu beitragen können, industrielle Produktionsabläufe flüssig zu gestalten, berichteten Steffen Zenker (Lehrstuhl für Anwendungssysteme und E-Business der Universität Göttingen) und Detlef Urban (Sartorius Lab Instruments GmbH & Co. KG). In vielen Industrieanlagen erschweren weite Wege von Anlage zu Anlage eine schnelle Informationsgewinnung und Reaktion. Hier setzen die sogenannten Smartwatches an. Sie kommunizieren in Echtzeit mit den Sensoren an Maschinen sowie der Qualitätssicherung. Läuft eine Maschine nicht optimal, erhält der Mitarbeiter eine Nachricht auf seine Smartwatch. So sollen der Ausschuss reduziert und die Produktion effizienter gestaltet werden.

Weitere Veranstaltung für 2019 geplant

Dr. Georgios Ctistis vom Laser-Laboratorium Göttingen stellte mit seinem CO-CO2-Sensor eine weitere Anwendungsmöglichkeit der Sensorik dar: die Überwachung von Abgaszusammensetzungen. Schornsteinfeger müssen in Deutschland rund 30 Millionen Heizkessel und –öfen untersuchen – unter anderem auf die Höhe der Kohlenmonoxid- und Kohlenstoffdioxid-Menge im Abgas. Diese giftigen Gase können in erhöhter Konzentration lebensgefährlich werden und schädigen die Umwelt. Die Messung ist jedoch fehleranfällig. Der CO-CO2-Sensor soll daher mittels Infrarotstrahlung verlässlichere Werte liefern. „Optische Verfahren sind nicht anfällig für Umwelteinflüsse“, erklärte Ctistis.

Im kommenden Jahr soll eine weitere Kooperationsveranstaltung von SNIC und Measurement Valley stattfinden. „Dann möchten wir wieder eine gute, interdisziplinäre Mischung finden“, kündigt SNIC-Projektreferentin Caroline Heck (Universität Göttingen) an. „Heute hat es sehr gut funktioniert, mit dem Mimikscanner ein Thema aus einem für Messtechnik eher ungewöhnlichen Fachbereich – nämlich Psychologie – in das Programm aufzunehmen“, so Heck. Und Claudia Trepte, Geschäftsführerin von Measurement Valley, ergänzt: „Wir haben nur einen kleinen Ausschnitt dessen gesehen, was die 43 im Measurement Valley organisierten Unternehmen und Institutionen können.“
 

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