BLOG: Fachkräfte in Südniedersachsen

#54 Kultur im Gepäck – nachhaltige Bleibekultur in Südniedersachsen?

veröffentlicht am 02.12.2022; Autorin: Ulrike Streicher

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Internationale Fachkräfte sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt gefragt wie nie. Bevor sie im Job aber durchstarten können, müssen einige Hürden genommen werden. Die Herausforderungen beginnen oft weit vor der Ankunft der ausländischen Fachkraft mit der Visabeantragung, werden aber auch mit Ankunft in der Region danach nicht kleiner und reichen von Eröffnung eines Bankkontos bis hin zur Beantragung des Aufenthaltstitels oder ggfs. der Vorbereitung des Familiennachzuges. Der Ablauf des Ankommens ist dabei sehr stark von den Voraussetzungen und den persönlichen Lebensumständen der internationalen Fachkraft abhängig. Dies ermöglicht keinen „one size fit all aproach“ (eine Lösung für alle), was die Herangehensweise für ArbeitgeberInnen nicht gerade vereinfacht. Um eine gelungene Integration in Deutschland und im Betrieb zu erreichen, müssen sie nicht nur die Formalitäten, die der Prozess mit sich bringt, abarbeiten, sondern sich auch mit dem Thema der interkulturellen Begegnung auseinandersetzen.

Jede und jeder hat ein eigenes Päckchen zu tragen

Ähnlich wie das Gepäck, dass internationale Fachkräfte bei ihrem Umzug nach Deutschland mitbringen, können Sie sich die drei Faktoren, die interkulturelle Begegnung beeinflussen, als Inhalt eines individuell gepackten Gepäckstückes vorstellen. Das sogenannte Rucksackmodell (siehe Abbildung) geht davon aus, dass Jede und Jeder von uns sein/ihr kulturelles Wissen in seinem/ihrem persönlichen unsichtbaren Gepäck mit sich trägt, in dem sinnbildlich eigene kulturelle, individuelle und soziale Hintergründe ausgedrückt werden. Wir entscheiden selbst über den flexiblen, situativen Umgang mit dessen Inhalten. Letztere können im Laufe des Lebens und mit wachsenden Erfahrungen erweitert werden, indem die internationale Fachkraft beispielsweise über die genormten Elemente seiner/ihrer Kultur hinaus Werte und Einstellungen annehmen kann, auf die er oder sie hier in Deutschland antrifft. D.h. sich dieser Faktoren in der Interaktion mit internationalen Fachkräften bewusst zu sein und eine Sensitivität dafür zu entwickeln, welche situativen oder kulturellen Fallstricke auf die Fachkräfte bei ihrer Integration in Deutschland warten könnten, kann zu einer nachhaltigeren Willkommens- und Bleibekultur beitragen.

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Das Rucksackmodell veranschaulicht kulturell verankerte Werte und Denkmuster sowie deren Artefakte auf allgemeine Art und Weise.

Lässt sich das Rucksackmodell auf den beruflichen Alltag übertragen?

Wir wollen diese theoretischen Überlegungen anhand des Beispiels der Wohnungssuche einer fiktiven indischen Fachkraft, die aus der 30 Millionen Metropole Dehli ins 27.000 Einwohner starke Einbeck zieht, verdeutlichen.
Neben der Suche nach einer geeigneten Mietwohnung ist es sehr wichtig, die drei oben genannten Faktoren im Blick zu behalten:

  1. Persönliche Eigenart: Ist die internationale Fachkraft so gestrickt, dass ein Wohnortwechsel von der Metropole Dehli nach Einbeck funktionieren kann? Wenn nicht, welche Alternativen wären möglich? Wäre es denkbar, eine Wohnung in der nächstgrößeren Stadt zu suchen und dafür einen längeren Arbeitsweg in Kauf zu nehmen?
  2. Situation: Man muss sich vor Augen führen, dass die internationale Fachkraft in der Region Südniedersachsen leben wird und nicht in einer Großstadt, wie Köln oder Hamburg, wo kulturelle Vielfalt noch viel mehr das Stadtbild prägt als in dieser eher ländlich geprägten Region. D.h., dass viele VermieterInnen sich scheuen internationale Fachkräfte als MieterIn zu akzeptieren – aus Angst sie könnten mit Ihnen nicht auf Englisch kommunizieren. Zudem kann in Einzelfällen auch Rassismus eine Rolle spielen, der eine völlige Ablehnung von „Ausländern“ mit sich bringt.
  3. Und natürlich gibt es auch kulturelles Gepäck, das berücksichtigt werden muss. Häufig lauern gerade bei Kleinigkeiten Fallstricke, die dem Gelingen des Unternehmens Wohnungssuche im Weg stehen. Sei es ein anderes Verständnis von Zeit oder Pünktlichkeit, die Frage nach einem verhandelbaren Mietpreis oder die ausführliche Erklärung von Mieterrechten oder -pflichten, die für Deutsche völlig klar sind.

Festzuhalten ist, dass die Wohnungssuche nur ein kleines, thematisch einfaches Puzzlestück im Relocationprozess darstellt. Wenn die internationale Fachkraft bei allen anstehenden Aufgaben, eine Vielzahl an kleinen Steinen aus dem Weg räumen muss, weil es u.a. keine englischen Mietverträge oder Antragsformulare gibt, dann summiert sich das zu einem Berg von Aufgaben, die sie allein kaum bewältigen können. Dies führt schnell zu einer Frustration, die wiederum die Nachhaltigkeit der Auswanderung gefährdet. Deswegen ist eine Begleitung der internationalen Fachkraft, z.B. durch in Unternehmen geschaffene Kümmererstrukturen, essentiell. Mehr zum Thema Onboarding lesen Sie zum Beispiel hier.

In Südniedersachsen können Unternehmen für solche Prozesse das Welcome Centre Südniedersachsen beauftragen und auf diese Weise die Bleibewahrscheinlichkeit von neuen Fach- und Führungskräften entschedet erhöhen. Mehr zum Welcome Centre lesen Sie hier.

Ansprechpartner:

Dr. Benjamin W. Schulze
Bereitsleiter Fachkräfte und Willkommenskultur
T. 0551/270713-43
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