BLOG: Fachkräfte in Südniedersachsen
#129 Transformation braucht Umdenken – Neues aus Anpackhausen
veröffentlicht am 02.10.2024; Autor: Benjamin Schulze
In einer Zeit, in der Klimakrise, soziale Ungleichheit, New Work und technologische Umbrüche unsere Lebensrealität prägen, wird es immer deutlicher: Die Transformationen unserer Gegenwart können nur mit einem gesellschaftlichen Umdenken gelingen. Doch was bedeutet das konkret, und wie können wir Bereitschaft herstellen, unseren heutigen Lebensstandard zu ändern? Vielerorts hat ein solches Umdenken bereits begonnen. Wir tauchen ein in die Ergebnisse aus dem Projekt „Zukunftsfähiges Dorf 2035„, welches eine spannende Zielbeschreibung für dörfliche Transformationsprozesse entworfen hat.
Herausforderungen erhöhen den Druck
Um Veränderungen herbeizuführen, ist es entscheidend, dass wir unser Bewusstsein schärfen. Viele von uns leben in einem ständigen Zustand des Konsums, geprägt von der Überzeugung, dass immer mehr die Lösung ist. Wir müssen uns bewusst machen, dass unser Lebensstil nicht nur uns selbst, sondern auch zukünftige Generationen beeinflusst. Das bedeutet, dass wir uns mit Themen wie Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und sozialer Gerechtigkeit auseinandersetzen müssen – das ist noch nicht gesellschaftlicher Konsens. Gerade im ländlichen Raum werden die Herausforderungen immer sichtbarer, die angesichts von etlichen Herausforderungen (z.B. demografischer Wandel und Fachkräftemangel) den Druck zum Umdenken auf Gemeinden und Gesellschaft erhöhen. Wir müsste unsere Lebensweise und unsere Dörfer wohl viel tiefgreifender verändern als gedacht.
Best Practices aus Niedersachsen
Die drei Dörfer Flegessen, Hasperde und Klein Süntel (alle drei in Niedersachsen) haben sich bereits vor Jahren auf einen gemeinsamen Zukunftsweg gemacht. Sie gründeten unter anderen eigens die Akademie des Wandels, um Erfahrungen anderen verfügbar zu machen. Die Aktivitäten der drei wurden bereits mehrfach ausgezeichnet. Ergebnisse rund um das Projekt „Zukunftsfähiges Dorf 2035“ mündeten Ende 2023 in eine real-utopische Erzählung mit dem Titel „Gemeinsam Zukunft anpacken. Ein Blick ins zukunftsfähige Dorf Anpackhausen im Jahr 2035“ (Download hier). Die Lektüre möchte Mut machen, denn im Wesentlichen muss den lokalen Akteuren – das gilt wohl weltweit – bewusst sein bzw. werden, dass viele Entwicklungen in den Ortschaften nicht selten in der eigenen Hand liegen. Alle hierin erzählten Zukunftsgeschichten schauen auf das, was und wie es 2035 in verschiedenen Lebensbereichen (von „Arbeiten und versorgen“ über „Energie“ und „Monilität“ bis zu „‚Zusammen leben und gestalten“) ausssehen könnte. Die Autor:innen nennen sie sehr trefflich „Anpackfelder“.
Reise nach Anpackhausen
Anhand eines fiktiven, aber real wirkendem Dorf „Anpackhausen“, zeigen die Autor:innen Möglichkeiten zum erfolgreich „Anpacken“ auf. Dabei ist das Dorf nicht sehr präzise umrissen, liegt irgendwo in Deutschland, alles andere ist eben, wie es vielerorts ist. Jedes „Anpackfeld“ wird anfangs eines Kapitels mit seinen Herausforderungen und Entwicklungspotenzialen beschrieben. Spannend ist vor allem die jeweils darauffolgende utopische Reise nach Anpackhausen. So wird zum Beispiel die Mobilität im Ort umrissen.
Beispiel aus Anpackhausen im Jahre 2035:
„Mittlerweile sind deutlich mehr als die Hälfte der privaten Elektroautos gleichzeitig auch gemeinsame oder geteilte Autos, die von allen Bewohner:innen des Dorfes über eine Car-Sharing-App gebucht und genutzt werden. Anfangs haben sich zunächst einzelne Haushalte zu kleineren Autogemeinschaften zusammengeschlossen, ein einfaches Sharing-System aufgebaut, eine passende Versicherung abgeschlossen und damit weniger Autos und Fahrten bewirkt. Diese einzelnen Car-Sharings haben sich irgendwann zum großen Car-Sharing-System Anpackhausen zusammengetan, wodurch es heute umso besser funktioniert.“
Quelle: Gemeinsam Zukunft anpacken, 2023, S. 3
Was lernen wir vom Beispiel Anpackhausen?
Es geht nicht dadrum, wie real die utopischen Beschreibungen tatsächlich sind, sondern um das Aufzeigen von Möglichkeiten. Deshalb endet Broschüre zu Anpackhausen auch mit einem „Startschuss“, der dazu animieren soll, die Zukunft gemeinsam „anzupacken“. Drei Dinge werden als ganz wesentlich für die Bewältigung von Transformationen herausgestellt: gemeinsam – zukunftsorientiert – anpacken. Eine einfache Formel. Die Autor:innen betonen dabei, dass für viele Entwicklungen das Rad eben nicht neu erfunden werden müsse. Dafür sind Errungenschaften von heute, wie Solarzellen, schnelle Internetverbindungen oder E-Bikes, gesellschaftliche Weiterentwicklungen (wie die Gleichstellung der Geschlechter oder Bürgerbeteiligungsprozesse) mit bewährten Lebensstilansätzen von gestern (z.B. regenerative Energie, ökologische Lebensmittel und Baustoffe, Teilen, Reparieren) zu kombinieren.
Anpacken und Umdenken brauchen Mut
Wandel und Anpassung erfordern es, gewohnte Muster zu hinterfragen und bereit zu sein, Veränderungen in unserem Alltag zu integrieren. Das kann von der Entscheidung, weniger Fleisch zu essen, bis hin zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel anstelle des eigenen Autos reichen. Kleine Veränderungen summieren sich und können große Auswirkungen auf unsere Umwelt und Gesellschaft haben. Und diese Veränderungen, das zeigt Anpackhausen, beginnen immer im Kleinen.
Bildung ist wichtiger Schlüssel
Die Bewältigung von Transformation gelingt nicht ohne (Weiter-)Bildung. Wir müssen sicherstellen, dass Informationen über nachhaltige Lebensweisen und soziale Verantwortung verbreitet werden. Bildung befähigt Menschen, informierte Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Durch Workshops, Seminare und digitale Plattformen können wir Wissen teilen und eine breitere Öffentlichkeit für diese Themen sensibilisieren.
Als Region wollen wir selbst zu Anpackhausen werden und in sehr unterschiedlichen Projekten gemeinsam „anpacken“. Wie wir mehr „Hände für die Klimawende“ gewinnen wollen, lesen Sie hier. Und wenn Sie sich für Weiterbildung interessieren, schauen Sie sich gern beim Weiterbildungsverbund Südniedersachsen um.
Ansprechpartner:
Dr. Benjamin W. Schulze
Bereichsleiter Fachkräfte und Willkommenskultur
T. 0551/270713-43
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