BLOG: Fachkräfte in Südniedersachsen
#98 Neuerungen im Fachkräfteeinwanderungsgesetz ab März
veröffentlicht am 06.03.2024; Autorin: Ulrike Streicher
Fast alle Branchen ächzen unter dem Fachkräftemangel, der sich bundesweit bemerkbar macht. Um diesem Problem zu begegnen, hat der Bundestag am 23. Juni 2023 das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) verabschiedet, dessen Regelungen seit November 2023 schrittweise in Kraft treten. Mit der Einführung der zweiten Stufe des FEG ab dem 1. März 2024 führt die Bundesregierung bedeutende Änderungen für die Beschäftigung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern ein. Das Ziel dieser Neuerungen ist es, den Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften in praktisch allen Branchen zu decken und gleichzeitig die bürokratischen Hürden zu verringern.
Die neuen Regelungen ermöglichen es Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern, auch in nicht reglementierten Berufen in Deutschland zu arbeiten, ohne dass ihre Abschlüsse formell anerkannt sein müssen. Dies vereinfacht den Prozess und verkürzt die Verfahrenswege. Darüber hinaus wird eine kurzfristige Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in Branchen mit hohem Bedarf unabhängig von ihrer Qualifikation möglich sein.
In diesem Beitrag werden die wesentlichen Änderungen in folgenden drei Themenfeldern übersichtlich dargestellt: 1) Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, 2) Beschäftigung von Fachkräften sowie 3) Beschäftigung von Studierenden und Auszubildenden. Klicken Sie sich gerne einmal durch.
Bei allen Fragen rund um die Einwanderung von Fach- und Führungskräften berät Sie gern das Welcome Centre Südniedersachsen.
Aufenthalt zur Anerkennung einer ausländischen Berufsqualifikation
Anerkennungspartnerschaft: In Deutschland aufhalten und die berufliche Ausbildung aus dem Ausland anerkennen lassen
Ab März 2024 wird Personen, die aus dem Ausland kommen und an beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen in Deutschland teilnehmen, eine Aufenthaltserlaubnis für 24 Monate (bei Ersterteilung) gewährt. Es besteht die Möglichkeit, diese Erlaubnis auf insgesamt 36 Monate zu verlängern. Ziel der Qualifizierungsmaßnahmen ist es ausländische als voll gleichwertig anerkannte Berufsausbildung zu erhalten. Zusätzlich zur bereits bestehenden Qualifikationsanalyse gibt es ab März 2024 die sogenannte Anerkennungspartnerschaft zwischen Unternehmen und Beschäftigten. Mit dieser können Personen aus Drittstaaten künftig erst einreisen und dann das gesamte Anerkennungsverfahren in Deutschland durchführen: Dazu verpflichten sich die angehende Fachkraft und ihr Arbeitgeber, die Anerkennung nach der Einreise zu beantragen und das Verfahren einschließlich Qualifizierung aktiv zu betreiben.
Was heißt das genau?
Die Einreise und Beschäftigung erfolgen mit einem Aufenthaltstitel (Visum). Das eigentliche Anerkennungsverfahren wird nach der Einreise begleitend durchgeführt. Grundsätzliche Voraussetzungen sind ein bestehender Arbeitsvertrag, eine mindestens zweijährige Ausbildung oder Abschluss eines Hochschulstudiums (jeweils anerkannt durch den Ausbildungsstaat) sowie Kenntnisse der deutschen Sprache mindestens auf Niveau A2 (GER). Die Aufenthaltserlaubnis wird meist für ein Jahr erteilt, kann aber auf bis zu drei Jahre verlängert werden. Für eine Beschäftigung im Nebenerwerb sind dann außerdem 20 statt wie bisher 10 Stunden wöchentlich möglich.
Beschäftigung von Fach- und Arbeitskräften
Niederlassungserlaubnis für Fachkräfte aus dem Ausland
Ausländische Fachkräfte, die eine Aufenthaltserlaubnis gemäß den Paragraphen § 18a, § 18b, § 18d oder §18g des Aufenthaltsgesetzes besitzen und weder eine Ausbildung noch ein Studium in Deutschland absolviert haben, können nun bereits nach drei Jahren (anstatt zuvor vier Jahren) die Niederlassungserlaubnis erhalten. Inhaberinnen und Inhaber einer Blauen Karte EU haben sogar die Möglichkeit, die Niederlassungserlaubnis noch schneller zu bekommen: Nach 27 Monaten Beschäftigung mit einer Blauen Karte EU kann sie erteilt werden, bei vorhandenen Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens (GER) verkürzt sich diese Frist sogar auf 21 Monate. Absolvent:innen eines Studiums oder einer Berufsausbildung in Deutschland können weiterhin von einer besonderen Regelung zur Erlangung der Niederlassungserlaubnis profitieren: Bereits nach zwei Jahren im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung als „Fachkraft“ gemäß den Paragraphen §§ 18a, 18b oder 18d des Aufenthaltsgesetzes können sie eine Niederlassungserlaubnis erhalten.
Erleichterungen beim Familiennachzug zu Fachkräften
Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung
Es besteht die Möglichkeit, Personen aus Drittstaaten vorübergehend zu beschäftigen, unabhängig von ihren Qualifikationen. Dies geschieht auf Grundlage eines bedarfsorientierten Kontingents, das von der Bundesagentur für Arbeit festgelegt wird. Arbeitgeber haben die Möglichkeit, eine Arbeitserlaubnis zu beantragen oder eine Zustimmung für einen Aufenthaltstitel zu erhalten, sofern folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Der Arbeitgeber ist tarifgebunden und beschäftigt die ausländischen Arbeitskräfte entsprechend den Tarifbestimmungen.
- Der Arbeitgeber übernimmt die vollen Reisekosten.
- Die Beschäftigungsdauer der Arbeitskraft beträgt maximal acht Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten.
- Die Arbeitskraft arbeitet mindestens 30 Stunden pro Woche.
Sonderregelung für Menschen mit berufspraktischer Erfahrung und IT-Spezialisten
Spezielle Bestimmungen gelten für Personen, die praktische Erfahrung in ihrem Beruf nachweisen können, insbesondere in nicht-reglementierten Berufen. Diese Personen dürfen zukünftig in allen nicht reglementierten Berufen arbeiten. Die Voraussetzungen hierfür sind ein qualifizierter Berufs- oder Hochschulabschluss, der im Ausbildungsland anerkannt ist, sowie mindestens 2 Jahre Berufserfahrung im angestrebten Bereich. Unter bestimmten Bedingungen kann auch ein Abschluss einer deutschen Auslandshandelskammer anstelle eines staatlich anerkannten Abschlusses ausreichend sein. Es ist nicht erforderlich, dass die Berufsqualifikation formell in Deutschland anerkannt wird.
Für IT-Spezialisten werden die Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt weiter erleichtert. Die erforderliche einschlägige Berufserfahrung wird von drei auf zwei Jahre reduziert. Ein Berufs- oder Hochschulabschluss bleibt weiterhin nicht zwingend erforderlich. Die Nachweise von Sprachkenntnissen für das Visum entfallen ebenfalls. Es gilt jedoch weiterhin das Mindestgehalt von 40.770 Euro brutto pro Jahr im Jahr 2024 oder eine entsprechende Vergütung gemäß Tarifvertrag.
Pflegehilfskräfte aus Drittstaaten
Aufenthaltserlaubnis für Inhaber:innen von Gründerstipendien
Erleichterungen für Asylbewerber:innen
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht auch neue Regelungen für Asylbewerber:innen vor. Diese Änderungen betreffen alle Asylbewerber:innen, die vor dem 29.03.2023 eingereist sind und über die erforderlichen Qualifikationen verfügen sowie entweder einen Arbeitsplatz oder eine Ausbildungsstelle in Aussicht haben. Es ist wichtig zu wissen, dass unter diesen Bedingungen Asylbewerber ihren Asylantrag zurückziehen können, um stattdessen eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft zu beantragen. Hierfür ist keine vorherige Ausreise oder ein Visumverfahren erforderlich.
Beschäftigung von Studierenden und Auszubildenden
Studierende
Es gibt neue Möglichkeiten für ausländische Studierende in Deutschland: Drittstaatsangehörige, die mit einem Studentenvisum hier studieren, dürfen jetzt länger arbeiten. Statt der bisherigen 120 ganzen oder 240 halben Arbeitstage pro Jahr können sie nun 140 ganze oder 280 halbe Arbeitstage arbeiten. Alternativ können sie auch Werkstudentenjobs bis zu 20 Stunden pro Woche annehmen, unabhängig von ihrem Gehalt oder der Art der Beschäftigung. Diese Regelung gilt auch für studienvorbereitende Maßnahmen. Außerdem dürfen Drittstaatsangehörige weiterhin für die Suche nach einem Studienplatz einreisen und sich aufhalten. Neu ist, dass sie während dieser Zeit bis zu 20 Stunden pro Woche arbeiten dürfen.
Auszubildende
Auch zur Suche nach einem Ausbildungsplatz bleibt die Einreise für Drittstaatsangehörige möglich. Die Altersgrenze für potenzielle Bewerber wird von 25 auf 35 Jahre angehoben, und die Anforderungen an deutsche Sprachkenntnisse werden auf das Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens gesenkt. Dadurch wird der Kreis der Personen, die zur Ausbildungsplatzsuche hierherkommen können, erweitert. Die Höchstaufenthaltsdauer von sechs Monaten wird auf neun Monate verlängert, und während dieser Zeit dürfen sie auch einer Nebenbeschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche nachgehen sowie Probebeschäftigungen von bis zu zwei Wochen absolvieren. Zukünftig können Auszubildende während ihrer Berufsausbildung Nebenbeschäftigungen von bis zu 20 Stunden pro Woche ausüben.
Ansprechpartner:
Dr. Benjamin W. Schulze
Bereitsleiter Fachkräfte und Willkommenskultur
T. 0551/270713-43
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