BLOG: Fachkräfte in Südniedersachsen

#77 Deutschland = (K)ein Einwanderungsland?

veröffentlicht am 19.09.2023; Autorinnen: Ulrike Streicher & Heike Borrmann

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Bildrechte: pixabay.com

Seit 2014 führt das Münchener Unternehmen InterNations jährlich eine der weltweit größten Umfragen zum Thema „Leben im Ausland“ durch. Mit rund 5 Millionen Mitgliedern in 420 Städten ist InterNations eine der größten Gemeinschaften von Fachkräften, die im Ausland leben und arbeiten. Rund 12.000 dieser sogenannten Expats wurden im Rahmen der jüngsten Studie gebeten, 56 verschiedene Faktoren zu bewerten. Diese Bewertungen wurden in Kategorien zusammengefasst, deren Mittelwerte bilden die Grundlage für folgenden fünf thematische Ranglisten :

• Lebensqualität
• Eingewöhnung vor Ort
• Arbeit
• Lebenshaltungskosten
• Expats Essentials

Aus den Ergebnissen der einzelnen Rankings wurde wiederum ein Mittelwert genommen, um die Resultate für 53 Länder aus der ganzen Welt gegenüberzustellen. In der jüngst veröffentlichten Expat Insider Studie 2023 des Netzwerkes InterNations landet Deutschland auf einem der letzten Plätze weltweit und wurde somit von internationalen Fachkräften zu einem der unattraktivsten Länder zum Leben und Arbeiten gewählt. In der Gesamtübersicht belegt Deutschland Platz 49 von 53.

Bei grundlegenden Kriterien für ausländische Fachkräfte (Expats-Essentials) hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher

Das Ranking Expats-Essentials fasst Kategorien zum Spracherwerb, zur Digitalisierung und Verwaltung und zum Wohnungsmarkt zusammen. Wie auch in 2022, belegt Deutschland in diesem Ranking den letzten Platz. Internationale Fachkräfte sind insbesondere unzufrieden mit der Digitalisierung: Es wird bemängelt, dass bargeldlose Zahlungen immer noch nicht überall möglich sind und darüber hinaus die Verwaltung wenig digitale Services anbieten. Ein indischer Befragter bringt es wie folgt auf den Punkt:

„Es mangelt an einer „Digital-First-Mentalität“.

Doch nicht nur die fehlenden digitalen Services, sondern die deutsche Bürokratie an sich wird von über der Hälfte der Befragten als Hürde für einen einfachen Start in Deutschland gesehen. Dies beginnt bereits oft schon mit der Beantragung des Visums.

Die internationalen Fachkräfte sind zudem skeptisch, ob sie aufgrund der angespannten Wohnungsmarktlage eine Wohnung finden bzw. sich diese überhaupt leisten können. Die Sprachbarriere spielt nicht nur dabei eine große Rolle: Nach Ansicht der Hälfte der Expats ist es nicht einfach, im Alltag ohne Deutschkenntnisse auszukommen – oder es überhaupt zu lernen.

 

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Überblick über die deutschen Ergebnisse. Quelle: Expat Insider Studie 2023.

Deutschland – mein neues Zuhause?

Für ein gutes Ankommen in Deutschland spielen neben den ausgeführten Faktoren auch soziale Komponenten eine große Rolle. Im Ranking Eingewöhnung vor Ort wird die allgemeine Freundlichkeit der einheimischen Bevölkerung sowie ihre Herzlicheit gegenüber ausländischen Einwohnern und das Vorhandensein persönlicher Unterstützungsnetzwerke bei Zuziehenden untersucht. Gerade in der Unterkategorie Kultur und Willkommen, bei der es um die Gewöhnung an die lokale Kultur und ein Gefühl des Zuhause seins geht, zählt Deutschland zu den am schlechtesten bewerteten Ländern. Allerdings leisten uns hier auch viele andere europäische Staaten Gesellschaft. Besonders hervorzuheben ist, dass Deutsche weltweit als mit am unfreundlichsten wahrgenommen werden. Die internationalen Fachkräfte haben das Gefühl, dass Einheimische kein Interesse an einer Sozialisierung haben und es schwer ist, Freunde zu finden. Deshalb fühlen sich die Zuziehenden wenig „zuhause und willkommen“.

Deutschland offeriert einen starken Arbeitsmarkt und eine gute Lebensqualität

Eines der wenigen Rankings, in dem wir punkten können, ist zum Thema Arbeit. Bei den Kategorien Arbeitsmarkt und sichere Arbeitsplätze gehört Deutschland aus Sicht der Expats zu den Top 5 weltweit. Auch in Punkto Lebensqualität schätzen die Fachkräfte die Infrastruktur für Autos und die leichte Verfügbarkeit von umweltfreundlichen Waren und Dienstleistungen in Deutschland. Ein Befragter aus Nigeria fasst dieses wie folgt zusammen:

„Ich habe in Deutschland nicht nur die Möglichkeit, mich in meiner Karriere weiterzuentwickeln, sondern auch ein nachhaltigeres Leben zu führen.“

Zukünftige Herausforderungen für unsere Region

Es ist ein großer Pluspunkt, wenn entscheidende Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit in Deutschland so positiv bewertet werden, wenn sich die Fachkraft jedoch nicht willkommen und zuhause fühlt, ist die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Bindung an Deutschland bzw. die Region leider jedoch sehr gering.
In der beruflichen Praxis der Beraterinnen des Welcome Centres bestätigt sich dieser Eindruck. Es gibt bei vielen schlecht bewerteten Themenfeldern Verbesserungspotential. Um dieses auszuschöpfen, wäre es sinnvoll, dass sich relevante Akteure im Feld der Einwanderungsthematik zusammenschließen und wir, als Region, die Aufgabe angehen, die Willkommenskultur in Südniedersachsen zu stärken und so weiterzuentwickeln, dass sich noch mehr (internationale) Fach – und Führungskräfte hier niederlassen und gerne bleiben wollen!

 

Ansprechpartner:

Dr. Benjamin W. Schulze
Bereitsleiter Fachkräfte und Willkommenskultur
T. 0551/270713-43
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